Nord bei Nordost – Westend

Am 3. Oktober, 20.15 Uhr im Ersten
Ab dem 1. Oktober in der ARD Mediathek

Der Ort Westend ist eine Perle an der Mecklenburgischen Seenplatte. Von der Bundesstraße gibt es nur eine Abfahrt dorthin, denn Westend liegt am gleichnamigen Westender See. Anders gesagt: Hierhin verfährt man sich nicht. Wer nach Westend kommt, hatte die Kleinstadt zum Ziel.

Dieses Idyll am See ist das Zuhause der Polizistin Nina Hagen (Cordelia Wege) – ihre Mutter fand das witzig – und ihrer beiden Kollegen Tim Engelmann (David Bredin) und Felix Bittner (Franz Dinda). Das Revier beherbergt eigentlich nur zwei Planstellen, aber im Zuge der Wende ist das untergegangen und bis jetzt hat hier in Westend niemand einen vernünftigen Grund dafür gesehen, diesen Irrtum aufzuklären. Doch Hartwig Schulz (Thilo Prothmann) von der Personalabteilung des Landesinnenministeriums Mecklenburg-Vorpommern will das vor Ort überprüfen und kann den Ermittler*innen vielleicht ein interessantes Angebot machen.

Während Hartwig Schulz vor dem noch geschlossenen Revier wartet, explodiert am helllichten Tag ein Hausboot auf dem Westender See. Schnell stellt sich heraus, dass es kein Unfall war. Das Opfer Jan Witt war investigativer Journalist und bekannt dafür, auf der „Kehrseite der Menschlichkeit“ zu recherchieren. Welchem Verbrechen war er auf der Spur?

Besetzung

Nina Hagen
Cordelia Wege

Tim Engelmann
David Bredin

Felix Bittner
Franz Dinda

Hartwig Schulz
Thilo Prothmann

Almut Driehorst
Johanna Polley

Peter Larisch
Knut Berger

Uljana Rodenko
Irina Potapenko

Ana Rodenko
Laeni Geiseler

Silvia Müllerschön
Helene Grass

Michael Riedmann
Bozidar Kocevski

u. v. m.

Stab

Regie
Esther Rauch

Buch
Holger Karsten Schmidt

Kamera
Peter von Haller

Szenenbild
Lena Schønemann

Kostümbild
Annette Schröder

Maske
Jeanette Kellermann, Katharina Heep

Beleuchtung
Philipp Rambow

Musik
Daniel Hoffknecht

Casting
Marion Haack

Schnitt
Tina Freitag

Ton
Benjamin Schubert

Produktionsleitung
Vanessa Eggers

Produzenten
Claudia Schröder, Joshua Lantow

Redaktion
Donald Kraemer (NDR), Katja Kirchen (ARD Degeto Film)

Drehzeit
14.04. – 12.05.2023

Länge
90 Minuten

Drehorte
Malchow (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte), Plau am See, Gallin (Landkreis Ludwigslust-Parchim), in und um Hamburg

„Nord bei Nordost – Westend“ ist eine Produktion der triple pictures GmbH (tp3) im Auftrag der ARD Degeto Film und des Norddeutschen Rundfunks für die ARD.

„Vieles aus Schwanitz in Westend ins Gegenteil verkehrt“

Gespräch mit Holger Karsten Schmidt, Creator und Autor von „Nord bei Nordost“

Herr Schmidt, Sie haben diverse erfolgreiche TV-Reihen entwickelt und die Bücher dazu geschrieben, wie etwa „Nord bei Nordwest“, „Die Toten von Marnow“ und „Lost in Fuseta“. Was war Ihre Inspiration für „Nord bei Nordost“, was ist das Herausstellungsmerkmal?
Die Inspiration war zunächst, eine Geschichte zu erzählen, die in Mecklenburg-Vorpommern spielt. Mit interessanten Figuren, einer faszinierenden Location und einer klaren Abgrenzung zu „Nord bei Nordwest“. Ich habe vieles aus Schwanitz in Westend ins Gegenteil verkehrt.
Das Herausstellungsmerkmal von „Nord bei Nordost“ besteht für mich darin, dass Nina Hagen, die spröde Revierleiterin, mit ihren beiden Kollegen eine Affäre hat. Ihr Idealmann wäre vermutlich eine Mischung aus Tim Engelmann und Felix Bittner. Den gibt es aber offenbar nicht. Also – Nina Hagen ist recht pragmatisch angelegt – nimmt sie eben beide. Eine Ménage-à-trois. Mit allem, was das innerhalb dieses Dreiecks mit sich bringt, aber auch, wie die Einwohner von Westend darauf reagieren. Zunächst sind es ja nur Gerüchte …

Wie entwickelt man eine neue Reihe? Und wie sehr muss man sich selbst bremsen, um in einer Pilotfolge nicht „zu weit zu gehen"?
Ich entwickle zunächst sehr genau meine Hauptfiguren. Strich um Strich ergänze ich Eigenheiten, Haltungen, ihre Biografie, verfeinere also die Charaktere. Ein Dreieck ist eine Personenanordnung, die immer im Ungleichgewicht ist. Jeder kann in diesem instabilen Gefüge wechselnde „Koalitionen“ eingehen und eine Mehrheit herstellen. Dadurch erzeugt man quasi „von selbst“ viel Dynamik.
Personen – meine Figuren –, aber auch wir im Alltag, charakterisieren uns in unserer Haltung und unserem Verhalten zu Dingen und Begebenheiten: Uns beeinflusst der Anblick einer Mohnblume, ein Lied, das mit einer Erinnerung verknüpft ist, ein angreifender Rottweiler, eine Liebeserklärung, der Fahrstil, der Umgang mit Tod und Verlust und so vieles mehr.
Am schnellsten – wir haben für einen Fernsehfilm ja nur 90 Minuten Zeit – geht das, indem man einen Konflikt herstellt, den man dann durch Zeitnot extrem verschärfen kann: Drohe ich etwa einem Entführer körperliche Gewalt an, um das Leben eines entführten Kindes zu retten, und breche damit bewusst das Recht oder nicht? Oder versuche ich, ihn davon zu überzeugen, dass ihn der Tod des Kindes vielleicht ein Leben lang quälen wird und hoffe, er packt aus, wenn ich ihn verbal unter Stress setze?
Da der Konflikt ein gut funktionierender Ur-Motor von Filmen, ja Geschichten ist, lege ich die Figuren zum Teil konträr an. Ich deponiere so in ihnen Konfliktpotential im Umgang mit ihren Kollegen und Liebhabern, damit es für das Publikum auch noch in Folge 8 spannend bleibt.

Was kennzeichnet die drei Hauptfiguren? Worauf legten Sie bei der Charakterisierung wert? Die Figur Nina Hagen etwa bringt eine starke weibliche Note mit. Und wie kamen Sie auf diese Namensgebung?
Sie kennzeichnet einen erwachsenen Umgang mit Beziehungen und Fällen.
Felix Bittner ist ein rationaler Charakter: Logik, hoher IQ. Man fragt sich, warum er eigentlich noch in Westend sitzt und nicht beim LKA eine Abteilung leitet. Ein kühler Kopf. Er ist ein Mann, der tatsächlich zuhören kann und mit dem Nina gerne Stunden verbringt. Kultur, Politik, Marsbesiedlung, Kant und so weiter. Es gibt fast nichts, worüber Bittner sich nicht eine Meinung gebildet hätte.

Tim Engelmann ist der „Bär“, der tief im sozialen Netz in Westend verstrickt ist. Er kennt die Geschichte von nahezu allen Einwohnern. Kanuausflug, Party, Konzert, eine Nacht durchzechen – da ist er der richtige Mann für Nina. Aber manchmal blitzt seine sensible Seite auf. Er macht im Kinderhospiz den Clown und niemand weiß das.
Nina hört auf ihren Bauch, ihre Intuition. Der Mord an ihrer Mutter hat sie von heute auf Morgen erwachsen werden lassen. Sie ist klar, pragmatisch und unverbiegbar. Das Wort „Kompromiss“ gibt es in ihrem Leben nicht. Sie hat begriffen, dass sie nur frei ist, wenn es ihr egal ist, ob sie jemandem missfällt. Sie heißt Nina Hagen, weil es immer irgendeinen geben wird, der sich denkt, er ist der erste Mensch in ihrem Leben, der daraus einen irre lustigen Witz bastelt.

Warum ist Ihnen die Andeutung der Dreiecks-Beziehung wichtig? Und wie wird sich diese entwickeln, worauf dürfen wir gespannt sein?
Die Andeutung ist wichtig, weil sie mir starke Hauptfiguren generiert. So ein Trio gibt es im deutschen Reihenfernsehen bisher nicht, und ich finde, es ist zeitgemäß, dass wir das jetzt nachholen.
Die Dreiecksbeziehung (ich möchte nicht zu viel verraten) wird sich immer weiterentwickeln – mit allen Widersprüchen, Emotionen und auch Widerständen. Diese Entwicklung wird sozusagen ganz „automatisch“ sehr starke emotionale Momente für uns und die Zuschauerschaft bereithalten.

„Westend“ behandelt ein düsteres Thema: Menschenhandel mit ukrainischen geflüchteten Frauen. Inwieweit ist es Ihnen wichtig, auf gesellschaftspolitisch brisante Schicksale aufmerksam zu machen? Und wie sehr mussten Sie die Produzenten und den Sender davon überzeugen, gerade ein solches Thema in der Auftaktfolge einer möglichen Reihe zu erzählen?
„Nord bei Nordost“ wird sicherlich nicht jedes Mal ein so großes gesellschaftlich relevantes Thema aufgreifen. Als ich aber nach Kriegsausbruch in Berichten und Zeitungen sah und las, wie Männer versucht haben, das Leid von Kriegsflüchtlingen finanziell oder sexuell auszubeuten, hat sich bei mir angesichts dieser Niedertracht der Wunsch ergeben, das zu verarbeiten.
Bei Joshua Lantow und Claudia Schröder als Produzenten und Donald Kraemer als Redakteur musste ich zum Glück keine Überzeugungsarbeit leisten.

„Es geht um Beziehungen und die damit einhergehenden Themen wie Vertrauen, Familie und Heimat“

Statement von Esther Rauch, Regisseurin

Mich hat in erster Linie die Figurenkonstellation gereizt: Nina Hagen mit ihren beiden Männern und Kollegen Tim Engelmann und Felix Bittner und dem humoristischen Hartwig Schulz. Es geht um Beziehungen und die damit einhergehenden Themen wie Vertrauen, Familie und Heimat. Alles gut eingebettet in einen spannenden Krimi. Cordelia Wege, David Bredin und Franz Dinda verkörpern Menschen, die keine 20 mehr sind und die für sich herausgefunden haben, wie sie leben wollen. Die Darsteller*innen sind in ihrer Art so unterschiedlich, dass sie sich in Temperatur und Dynamik ideal ergänzen. Der Fremdkörper Schulz, gespielt von Thilo Prothmann, droht sie auseinanderzureißen, aber das Trio hält nicht nur zusammen wie Pech und Schwefel, sondern bindet ihn letztlich auch bei den Ermittlungen mit ein.

Ich bin in der Zwischenzeit bekannt dafür, dass ich mich nicht auf bestimmte Genres beschränke, sondern dass ich alle Filme, die ich mache, immer aus den Charakteren heraus erzähle.

Die besondere Herausforderung an einem neuen Film ist natürlich immer, dass sich die Charaktere ewig kennen, während die Darsteller*innen sich möglicherweise zum ersten Mal begegnen. Wir haben uns gemeinsam darauf fokussiert, altgewachsene Beziehungsmuster zu zeichnen.

Außerdem war es für mich persönlich als Österreicherin natürlich auch neu, in Mecklenburg-Vorpommern zu drehen und eine norddeutsche Geschichte zu erzählen. Ich glaube aber, dass es oftmals als Außenstehende leichter ist, bestimmte regionale Eigenheiten zu erkennen und sie ins Scheinwerferlicht zu rücken.

Rollenprofil

Nina Hagen

Vergangenheit und Zukunft sind für Nina Hagen keine ausgemachte Sache, zumindest nicht im Schlaf, da geraten sie auch mal beunruhigend durcheinander. Fest steht nur, dass die Gegenwart irgendwo dazwischen liegt. Überhaupt steht sie als Leiterin der Polizeidienststelle Westend viel dazwischen. Zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen ihren beiden Kollegen Tim und Felix, zwischen Dienst als Beruf und als Familientradition. Und zwischen jetzt und früher war sie sogar mal ein paar Jahre weg, Sachen erledigen. Was für Sachen, weiß nur sie selbst. Das würde sowieso niemand verstehen.

Entscheidungen zu treffen, ist nicht Ninas Stärke, auch wenn sie Westends Polizeichefin ist. Tim ist groß und stark und attraktiv. Felix ist sportlich und drahtig und – attraktiv. Jeder von ihnen hat seine Vorzüge. Warum also entscheiden, wenn man beide haben kann? Außerdem passt es zu einer Qualität, die die Menschen in Westend eint: abwarten und kommen lassen. Jedes überflüssige Wort könnte den trockenen Humor beschädigen.

Sich nicht einzulassen, abgebrüht zu erscheinen, nicht zu viel Herz zu zeigen, das ist Nina Hagens Stil. So hält sie sich Ärger vom Hals. Eine Frau aus den Händen von Verbrechern zu befreien? Die Frau wird nicht gerettet, sondern als Zeugin benötigt. Einen streunenden Hund aufzunehmen? Niemals, der Köter soll bleiben, wo der Pfeffer wächst. Außer, ja, außer ein rücksichtsloser Motorradfahrer fährt das arme Tier über den Haufen. Dann muss man wohl eingreifen. Vielleicht würde Nina es nicht direkt „retten“ nennen. Aber dringend genug, um die Tierärztin mit der Schusswaffe von der Behandlungsnotwendigkeit zu überzeugen, ist es allemal.

„Ich habe das Gefühl, von Nina etwas lernen zu können“

Gespräch mit Cordelia Wege, Darstellerin von Nina Hagen

Frau Wege, was reizte sie an der Figur Nina Hagen, die Sie in „Nord bei Nordost - Westend“ verkörpern?
Nina Hagen ist in einem charakterlichen Teilbereich so ziemlich genau das Gegenteil von mir. Ich halte mich für einigermaßen verbindlich und freundlich Menschen gegenüber. Nina ist vordergründig nicht besonders einnehmend, sie gibt sich zumindest keine Mühe, es zu sein. Sie ist zugewandt, aber keinesfalls „nett“ oder unnötig höflich. Sie verschwendet keine Energie auf Floskeln oder zeitraubende Diplomatie. Sie ist gerade, ehrlich, handfest und vor allem autark. Sie gibt sich unnahbar, doch in ihrem Innern ist sie ein mitfühlender, empathischer Mensch, vor allem im Umgang mit Opfern. Diese Rolle zu spielen, war deshalb sehr reizvoll für mich, weil ich das Gefühl habe, von Nina etwas lernen zu können. Ich kann mir ein paar Wesenszüge bei ihr abschauen, zum Beispiel ihre Autonomie.

Wie haben Sie reagiert, als Sie von dem Namen Ihrer Figur erfuhren?
Diese Idee fand ich lustig. Ninas Eltern müssen Fans der Sängerin gewesen sein. Auch ich schätze sie sehr.

Nina Hagen ist Leiterin des Westender Polizeireviers. Wie gefällt Ihnen der Einfall, dass sie ein Verhältnis mit ihren beiden Kollegen hat?
Vor zehn Jahren wäre eine solche Konstellation in einer TV-Reihe vielleicht eher nicht erzählt worden. Das gefällt mir an diesem Film. Nun sind die drei Hauptcharaktere keine ganz jungen Menschen mehr. Und das ist ein wichtiger Punkt: Sie stehen mitten im Leben, haben schon einiges hinter sich und scheinen sich für diese Beziehungsform entschieden zu haben. Das leben sie jetzt mit allen Folgen, die daraus entstehen. Diese Konsequenzen will ich miterleben, sie interessieren mich. Ein spannungsvoller Bereich mit vielen Verlaufsmöglichkeiten. Mich macht es neugierig, durch welche Konflikte und Lösungsversuche der Autor die Charaktere führen wird. Bautechnisch gesehen ist ein Dreieck übrigens ein sehr stabiles Element ...

Was hat Sie an dem Drehbuch überzeugt?
In erster Linie war tatsächlich der zwischenmenschliche Kontakt der drei Ermittler untereinander ausschlaggebend, um mein Interesse zu wecken. Und: In dem Fall, den sie zu lösen haben, werden wichtige Themen behandelt.

Sie sind in Halle geboren und leben unweit der Mecklenburgischen Seenplatte. Hatte die Tatsache, dass „Nord bei Nordost“ in ihrer Nähe spielt, Einfluss auf Ihre Entscheidung, die Rolle anzunehmen?
Ich freue ich mich enorm darüber, dass „Nord bei Nordost“ in einer mir vertrauten Umgebung angesiedelt ist. So wie Nina Hagen von ihrem Bootshaus aus auf den See blickt, so schaue ich aus dem Ort, in dem ich lebe, über die Wiesen. Die Weite ist vergleichbar.
Die Seenplatte hat so atemberaubend schöne Landschaften. Es lohnt sich, sie in einem TV-Krimi zu zeigen. Der Kontrast: Schlimme Dinge passieren, auch in zauberhaften Gegenden.
Die Ruhe der Natur strahlt auf den Rhythmus des Films ab. Das werte ich als positiv, denn rasante, immer schneller geschnittene Filme gibt’s genug, sie spiegeln unseren nervösen Zivilisationsgeist wider. Sich Zeit zu lassen, damit sich Geschichten und Beziehungen entwickeln können, schadet nicht, denke ich. Wir dürfen ruhig mal kontemplativer schauen.

Wie haben Sie die Arbeit zu diesem Film empfunden?
Es war sehr erfüllend. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen David Bredin und Franz Dinda war kollegial und inspirierend, konzentriert und lustig.
Esther Rauch, unsere Regisseurin, war klar und straight. Sie wusste, was sie will, und hat das auf eine sehr gute Art kommuniziert. Sie war dabei außerordentlich effektiv.
Auch das Zusammenspiel mit Thilo Prothmann, der als Hartwig Schulz das Trio mit seiner überkorrekten, unbeholfenen Art nervt, war großartig. Die Rolle des Landesbeamten füllt er perfekt aus, finde ich. Nicht zuletzt, weil diese Figur den feinen, mitunter schwarzen Humor bedient, der „Nord bei Nordost“ durchzieht.
Ein respektvoller Umgang im Team und die Mitarbeit vieler anderer ausgezeichneter Kolleginnen und Kollegen haben den Dreh bereichert. Und besondere Freude hat mir eine Szene bereitet: Nina Hagen liefert sich einen handfesten Kampf im knietiefen Wasser. Ich liebe actionreiche Szenen, die herausfordernde Ausnahmesituationen sind und die mir Handlungen und Tätigkeiten abverlangen, die ich nicht alltäglich vollziehe. Bitte mehr davon!

Rollenprofil

Tim Engelmann

Tim Engelmann kennt Westend wie seine Westentasche. Nun ist der Ort auch überschaubar, aber immerhin groß genug für eine eigene Drogenszene. Jedenfalls eine kleine. Der Polizeidienst soll ja schließlich nicht in Arbeit ausarten. Schmuddeliger als in der örtlichen Kegelbahn wird es nicht. Überhaupt, Ordnung schaffen? Tim sieht sich eher als Autorität, deren Rolle nicht angezweifelt wird. Datenschutz? Theoretisch vielleicht. Und nur, solange er trotzdem alle Informationen bekommt. Jetzt mal im Ernst, er kennt hier doch sowie alle – und ihre Geheimnisse.

Tim versteht Nina. Er versteht, dass sie seinen nackten Hintern bewundert. Tim versteht auch seinen Freund und Kollegen Felix. Der würde sicher auch gern mit Nina ins Bett gehen, so wie er immer guckt. Keiner weiß von Tims und Ninas Verhältnis. Sie will das nicht. Aber egal, wahrscheinlich würde das nur die Freundschaft und Kollegialität mit Felix beeinträchtigen. Oder wie auch immer man das nennt, wenn zwei zusammenhocken und sich gut leiden können.

„Ohne zu viel verraten zu wollen, finde ich die besondere Beziehung zwischen Nina Hagen und ihren beiden männlichen Kollegen sehr reizvoll“

Gespräch mit David Bredin, Darsteller des Ermittlers Tim Engelmann

Herr Bredin, was ist Tim Engelmann für ein Mensch, wie sehen Sie ihn?
Engelmann ist tatkräftig, immer geradeaus, ein Typ, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Innerhalb dieses Teams ist er der Mann fürs Grobe. Ihn zeichnet eine tiefe Menschenliebe aus, vielleicht ist er deswegen Polizist geworden. Er erträgt es nicht, wenn Menschen, die sich ohnehin schon in einer schrecklichen Situation befinden wie etwa die aus der Ukraine geflüchteten Frauen, von denen in „Westend“ erzählt wird, derart brutal über den Tisch gezogen werden. In meiner Vorstellung hat Engelmann etwas von dem innerlich zerrissenen New Yorker Polizisten Bad Lieutenant aus Abel Ferraras gleichnamigen Kinofilm, der jede Menge Dreck am Stecken hat, aber auch um sein Seelenheil kämpft.

Wie haben Sie reagiert, als man Ihnen diese Rolle anbot?
Ich habe mich total gefreut, nach vielen schönen, sehr unterschiedlichen Rollen der letzten Jahre die Chance zu bekommen, diese Hauptrolle zu übernehmen. Und schon in der ersten Castingrunde haben Franz Dinda und ich uns sofort in Cordelia Wege verliebt. Wir waren überzeugt: „Die isses!“. Die Idee, dass sich drei ganz eigenwillige Polizisten ein Revier teilen, gefiel mir auf Anhieb: Unsere Nina Hagen, Tim Engelmann und Felix Bittner sind sehr unterschiedliche Charaktere und ergänzen sich durch ihr Verschiedensein. Mir gefällt außerdem, dass mit Nina Hagen eine reifere Frauenfigur erzählt wird, die man im Fernsehen nicht häufig sieht: gelassen, selbstbestimmt, kantig, authentisch. Ganz wundervoll war das Wiedersehen mit Thilo Prothmann, mit dem ich einmal am Reutlinger Theater gemeinsam auf der Bühne stand. Wie er in „Westend“ den Landesbeamten Hartwig Schulz verkörpert, ist einfach großartig!

Sie leben seit vier Jahren in Mecklenburg, wo „Nord bei Nordost“ spielt. Hat die Natur dieser Region Ihr Spiel beeinflusst?
Sehr! Ich glaube, ich hätte Tim Engelmann anders gespielt oder angelegt, wenn ich noch in Berlin leben würde: rauer vielleicht oder härter. Die Verbundenheit, die ich hier täglich mit der Natur erlebe, hat etwas Friedliches und Beruhigendes, und das strahlt auf mich aus. Von meinem Haus schaue ich auf eine wunderschöne Landschaft, eine Mischung aus Agrarwüste, Weideland und sanft geschwungenen Hügeln. Das macht etwas mit einem. Es war zudem ungewohnt bequem für mich, dass die Dreharbeiten in Malchow, nicht weit von meinem Wohnort, stattfanden. Für mich quasi ein Heimspiel!

Wie haben Sie die Dreharbeiten zu dieser Folge empfunden?
Als sehr angenehm und positiv. Es gab keine spezielle Szene, an die ich mich besonders stark erinnere, es war vielmehr das Zwischenmenschliche, das stille Einverständnis innerhalb dieses Trios, das auf der richtigen Seite steht und für die richtige Sache kämpft. Man mag sich total, und damit meine ich nicht nur die Charaktere, die wir in „Nord bei Nordost“ verkörpern, sondern auch uns Schauspieler. Ich habe den feinen, subtilen Humor genossen, mit dem dieser norddeutsche Krimi erzählt wird, und die liebevolle Inszenierung der feinfühligen Regisseurin Esther Rauch. Und ohne zu viel verraten zu wollen, finde ich die besondere Beziehung zwischen Nina Hagen und ihren beiden männlichen Kollegen sehr reizvoll. Ich bin sehr neugierig, was sich Holger Karsten Schmidt noch für dieses interessante Dreiecksgespann einfallen lässt!

Rollenprofil

Felix Bittner

Bei Felix Bittner ist es immer ein bisschen mehr als bei Nina. Er winkt enthusiastisch, sie hebt kaum sichtbar die Hand. Würden sie nicht miteinander schlafen: Felix wäre wahrscheinlich immer noch unsicher, ob sie sich überhaupt für ihn interessiert. Andererseits ist sie ja zu allen so, auch zu Tim. Verbindlichkeit bedeutet für sie, dass Felix ihr einen Kaffee machen darf.

Felix kennt das Gefühl, grundsätzlich ein bisschen mehr Einsatz zu zeigen als alle anderen. Vielleicht ist es aber auch nur ein Hauch Pedanterie. Vorschriften als Grund, etwas nicht zu machen: So denkt Felix. Nina und Tim ist dieser Gedanke fremd. Trotzdem klappt die Zusammenarbeit gut. Die Pflichten halten sich in Grenzen: drei Beamte für das kleine Westend mit einer Dienststelle, die gerade mal ein paar Stunden am Tag geöffnet hat. Da droht eher Langeweile als Überlastung. Immerhin kann Felix schwimmen gehen, so oft er will. Außer es knallt mal. Dann aber gewaltig.

„Jeder in diesem Trio erfüllt eine klare Aufgabe“

Gespräch mit Franz Dinda, Darsteller des Ermittlers Felix Bittner

Herr Dinda, was hat Sie an der Rolle des Felix Bittner interessiert?
Auf den ersten Blick ist Bittner ein Kontrollfreak, der Wert auf Regeln, Ernährung und Ordnung legt. Wo seine Kolleg*innen etwas zu lax sind, da ist er etwas zu verkrampft. So erfüllt jeder in diesem Trio eine klare Aufgabe. Ich finde es spannend und herausfordernd, das im Zusammenspiel mit Humor in eine unterhaltsame Balance zu bringen.

Haben Sie während des Spiels zu „Westend“ Ihrer Figur Wesenszüge verliehen, die Ihnen Ihr Gefühl eingab?
Nach Möglichkeit. Das Gerüst war durch das Drehbuch vorgegeben und wir haben dann innerhalb dessen versucht, die Figuren so menschlich als möglich zu gestalten. In meinem Fall hieß das, dem Streber eine Verletzlichkeit hinzuzufügen, die klar vermittelt, dass Kontrollwahn letztlich Ausdruck von Verlustangst ist. Für die Figur bedeutet dies, ihrer Sturheit eine abgründige Empathie gegenüberzustellen.

Was hat Sie an der Ermittlerarbeit in einem Trio gereizt?
Die Chemie zwischen uns Schauspieler*innen. Wir hatten diese Konstellation gleich im allerersten Casting-Durchlauf und alle haben schnell gemerkt, dass sich mit einer Frau als Chefin und zwei diametral unterschiedlichen Männertypen an ihrer Seite viele Spiel- und Spannungsmöglichkeiten ergeben, dass für zukünftige Bücher genügend Stoff vorhanden ist.

Hatten Sie mit Ihren beiden Kolleg*innen vorab schon einmal gearbeitet?
David Bredin und ich hatten 2013 schon einmal das Vergnügen und sofort gemerkt, dass wir auf einer Wellenlänge sind. Wenn man Spielen auch als Surfen begreift, dann hilft das sehr. Mit Cordelia Wege stand ich in „Westend“ zum ersten Mal gemeinsam vor der Kamera.

Eine Ménage-à-trois: Wissen Felix Bittner und Tim Engelmann „voneinander“?
Sie wissen meines Erachtens davon, dementieren es aber. Das ist Teil ihres Spiels. Für den Moment bekommen so alle genug, um glücklich zu sein. Spannend wird es, wenn am Rädchen des Gleichgewichts gedreht wird.

Inwieweit hat Sie die Geschichte berührt, die ein brisantes Thema aufgreift – den Menschenhandel mit ukrainischen geflüchteten Frauen?
Bei solch einem ernsten Thema müssen die Schauspieler*innen die Menschen, die derlei im echten Leben ertragen, würdevoll darstellen, um entsprechend wahrhaftig und authentisch zu wirken. Was Irina Potapenko, Laeni Geiseler und Marina Arsangerieva in unserem Film geleistet haben, kann gar nicht laut genug gelobt werden. Dem kann man sich als Mitspieler und hoffentlich auch als Zuschauender nicht entziehen.

Feiner Humor, skurrile Momente kommen in „Nord bei Nordost - Westend“ nicht zu kurz. Überzeugte das auch Sie, die Rolle anzunehmen?
Man geht zum Casting, nicht nur um gecastet zu werden, sondern auch, um selbst zu casten. Cordelia Wege, David Bredin und ich hatten im Spiel miteinander so viel Spaß, dass davon auszugehen war, dass sich das auf das Publikum übertragen könnte. Glücklicherweise hat sich der Sender dann auch für diese Konstellation entschieden.

Halten Sie es für wichtig, dass die Hauptfiguren einen Bezug zu Ostdeutschland haben?
Figuren sind Stellvertreter*innen. Zuschauer*innen, die in einem ähnlichen Umfeld wie unsere Charaktere leben, müssen sich natürlich ernst genommen fühlen. Ob das in der Darstellung durch einen Bezug zu Ostdeutschland gelingt oder durch herkunftsunabhängige Empathie, ist, wie ich finde, gleich. Entscheidend ist: Passen die Figuren, die uns Autor Holger Karsten Schmidt entworfen hat, dorthin? Meiner Meinung nach fügt sich das ganz wunderbar.

Gab es eine Szene, die Ihnen bei den Dreharbeiten besonders in Erinnerung geblieben ist?
Es gibt eine Szene, in der Tim Engelmann und Felix Bittner am Fenster ihrer Chefin Nina Hagen hinterherschauen. Bittner fragt daraufhin Engelmann, ob er oft darüber nachdenkt. Worüber, bleibt offen. Statt einer Antwort sollte Engelmann einen Seufzer à la „Vielleicht, vielleicht auch nicht“ machen, den ich anschließend auf seine Gegenfrage hin imitieren sollte. Da er den aber so pubertär hoch angelegt hatte, kam bei mir da Take für Take nur ein ganz erbärmliches Quietschen raus. Bis wir es hatten, sind bei uns einige Lachtränen geflossen.

Mit welchem Gefühl blicken Sie auf die Dreharbeiten zu einer möglichen nächsten Episode?
Wenn die Kolleg*innen jetzt sagen: „voller Vorfreude“, dann ist das zwar unangenehm kitschig, entspricht aber einfach der Wahrheit.

„Die Orte, an denen die Geschichten spielen, die Beziehungen der Menschen, die von den Kriminalfällen betroffen sind, machen die Filme interessant“

Statement von Claudia Schröder und Joshua Lantow, Produzenten

Kaum etwas ist so beliebt im deutschen Fernsehen wie Krimis, manche mögen denken, davon gibt es genug.

Wir glauben das nicht, denn in einem Krimi werden so viele interessante Geschichten und Aspekte des Lebens erzählt, die weit über den Kriminalfall selbst hinausgehen.

Die Orte, an denen die Geschichten spielen, die Beziehungen der Menschen, die von den Kriminalfällen betroffen sind, machen die Filme interessant. Nicht nur der Fall, nicht nur die Ermittlung, sondern die Fragen, wer, wie und warum ein Verbrechen gelöst wird. Das sind Menschengeschichten, die wir mit unseren Filmen erzählen wollen.

So haben wir mit dem wunderbaren Drehbuchautor Holger Karsten ein neues Reihenkonzept entwickelt, das sich einer visuell sehr besonderen Region widmet: Mecklenburg-Vorpommern – eine Stadt am Wasser: Westend. Ein Ort mit Geschichte und Gegenwart, zwischen gestern und jetzt – und mit großen Perspektiven. Und mit Nina Hagen und ihren beiden Kollegen, die gemeinsam das Polizeirevier in Westend betreuen, Fälle lösen, aber vor allem auch in ihrer sehr speziellen privaten Lebenssituation zurechtkommen müssen.

Mit ihrer Weite, den vielen Seen und endlosen Wäldern hat Mecklenburg-Vorpommern nicht nur visuell Einiges zu bieten. Als Sehnsuchtsort lässt sich an den fabelhaften Seen das Glück finden, und in den dunklen Wäldern lauert die Gefahr oder zumindest ein düsteres Geheimnis. Perfekte Voraussetzungen für spannende Filme. Und so wird neben dem besonderen Trio aus Cordelia Wege, David Bredin und Franz Dinda die Seenplatte der echte vierte Hauptdarsteller von „Nord bei Nordost“.

Impressum

Herausgegeben von Presse und Kommunikation / Unternehmenskommunikation

Redaktion:
Iris Bents, NDR/Presse und Kommunikation

Gestaltung:
Janis Röhlig, NDR/Presse und Kommunikation

Interviews:
Gitta Deutz, pr agentur deutz

Rollenprofile:
Sven Sonne

Mitarbeit:
Nicola Sorgenfrey

Bildnachweis:
NDR/Georges Pauly
NDR/privat (Holger Karsten Schmidt)
NDR/Andreas Dobslaff (Esther Rauch)

Fotos:
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Presseservice:
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