Meinen Hass bekommt ihr nicht
SONNTAG, 9. NOVEMBER, 00.05 UHR, DAS ERSTE
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INHALT
Am 13. November 2015 sieht Antoine seine Frau Hélène zum letzten Mal. Sie wird an diesem Abend mit 88 weiteren Personen im Konzertsaal Le Bataclan Opfer der Terroranschläge in Paris.
Während die Welt geschockt und in tiefer Trauer versucht, eine Erklärung für das Unfassbare zu finden, postet der Witwer auf Facebook einen offenen Brief. In bewegenden Worten wendet er sich an die Attentäter und verweigert „den toten Seelen“ seinen Hass – und den seines damals 17 Monate alten Sohnes Melvil. „Freitagabend habt ihr das Leben eines außerordentlichen Wesens geraubt, das der Liebe meines Lebens, der Mutter meines Sohnes, aber meinen Hass bekommt ihr nicht.“ Der Post löst eine weltweite Welle der Anteilnahme aus und wird auf der Titelseite der „Le Monde“ gedruckt.
Doch Antoine kämpft innerlich mit seiner Verzweiflung und jenem Hass, dem er eigentlich keinen Raum geben will. Erst als er begreift, wie sehr sein kleiner Sohn ihn braucht, stellt er sich der neuen Realität: einem Leben, das den Verlust akzeptiert und einen Neubeginn wagt. Einen Neubeginn, der um die Fragilität des Glücks weiß, aber den Glauben an das Leben nicht verliert. Denn das ist er Hélène und seinem Sohn schuldig.
Der Film „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ von Kilian Riedhof erzählt die Geschichte der verheerenden Anschläge von Paris aus der sehr persönlichen Perspektive eines Vaters. Es ist die Momentaufnahme eines Lebens im Ausnahmezustand und ein trotziges Fanal für Freiheit, für die Liebe und einen zerbrechlichen Neubeginn.
Nach dem autobiographischen Roman von Antoine Leiris.
„Meinen Hass bekommt Ihr nicht“ wurde ausgezeichnet mit dem Deutschen Drehbuchpreis 2020, dem Friedenspreis des Deutschen Films 2023 für Kilian Riedhof sowie dem Deutschen Kamerapreis 2023 für Manuel Dacosse.
STAB
REGIE
Kilian Riedhof
DREHBUCH
Jan Braren, Marc Blöbaum, Kilian Riedhof, Stéphanie Kalfon
Nach dem Buch von Antoine Leiris
PRODUKTION
Janine Jackowski, Jonas Dornbach, Maren Ade
EXECUTIVE PRODUCER
Sarah Nagel, Isabell Wiegand
HERSTELLUNGSLEITUNG
Ben Von Dobeneck, Christophe Hollebeke
KAMERA
Manuel Dacosse SBC
SCHNITT
Andrea Mertens BFS
PRODUKTIOSDESIGN
Sebastian Soukup VSK
MUSIK
Peter Hinderthür
KOSTÜME
Catherine Marchand
CASTING
Constance Demontoy, Lale Nalbant
REDAKTION
Christian Granderath (NDR), Sabine Holtgreve (NDR), Andreas Schreitmüller (ARTE), Arlette Zylberberg (RTBF)
Länge: 92‘46 Minuten
BESETZUNG
Antoine Leiris
Pierre Deladonchamps
Melvil
Zoé Iorio
Hélène
Camélia Jordana
Alexandre
Thomas Mustin
Julie
Christelle Cornil
Annie
Anne Azoulay
Sylvie
Farida Rahouadj
Bruno
Yannuk Choirat
u.v.a.
„Meinen Hass bekommt ihr nicht“ von Film der Komplizen Film in Koproduktion mit dem NDR, Haut et Court, Frakas Production, TOBIS, MMC Movies Köln, Erfttal Film, RTBF (Télevision Belge), Proximus, Shelter Prod, in Zusammenarbeit mit Ciné und Arte, Wallimage (La Wallonie), Haut et Court Distribution, Cofinova 17 und Indéfilms 9, gefördert von Film- und Medienstiftung NRW, FFA, Deutscher Filmförderfonds, Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Eurimages, MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, Centre national du cinéma et de l’image animée, Taxshelter.be & ING, Le Centre du Cinéma et de l'Audiovisuel de la Fédération Wallonie Bruxelles.
Über Kilian Riedhof
Regie
Kilian Riedhof, geboren 1971 in Jugenheim an der Bergstraße, startete seine Karriere als Regisseur und Drehbuchautor an der Hamburg Media School, bevor er mit dem Fernsehdrama „Homevideo“ nicht nur Kritikerlob, sondern auch zahlreiche Auszeichnungen erhielt – darunter den Grimme-Preis und den Deutschen Fernsehpreis. 2018 verfilmte er das auf wahren Begebenheiten basierende Geiseldrama „Gladbeck“ als Zweiteiler fürs Fernsehen, der ebenfalls zu einem großen, auch internationalen Erfolg wurde.
Der Lohn war ein weiterer Deutscher Fernsehpreis für den Besten Mehrteiler sowie eine Nominierung für den BAFTA TV Award 2019. Im Kino landete Riedhof 2013 mit „Sein Letztes Rennen“ einen Publikumshit. Dieter „Didi“ Hallervorden brillierte darin als fiktiver, in die Jahre gekommener Marathonläufer.
In seinem Projekt „Stella. Ein Leben.“ (2023) geht es um eine junge deutsche Jüdin, gespielt von Paula Beer, die im Jahr 1943 von einer Karriere als Jazz-Sängerin träumt, als sie von der Gestapo gefasst wird. Kilian Riedhof ist mit der Autorin und Schauspielerin Jana Voosen verheiratet und Vater einer Tochter.
„Ein sehr intimes, seelisches Drama, das zwischen Leben und Tod, Himmel und Schattenwelten oszilliert“
Gespräch mit Regisseur Kilian Riedhof
Wie sind Sie auf das Buch von Antoine Leiris gestoßen?
Das Buch war eine Empfehlung meiner Tante. Ich habe es in einem Rutsch gelesen und war tief bewegt. So bewegt wie selten nach einer Lektüre. Vielleicht, weil die Lebenssituation von Antoine vor dem Anschlag so eng an meinem eigenen Leben ist – meine Tochter ist fast im selben Alter wie Melvil. Tags darauf habe ich meinen Ko-Autoren Jan Braren und Marc Blöbaum bei einem Brainstorming von der Geschichte erzählt. Erst sollte ich ihnen ein paar Absätze daraus vorlesen, schließlich das ganze Buch. Die beiden hatten Tränen in den Augen. Da wussten wir, dass wir das machen müssen.
Was hat Sie letztendlich dazu bewogen, es zu verfilmen?
Ich fragte mich natürlich: Wie wäre es, wenn mir das passieren würde? Ein Angriff auf den inneren Kern meines Lebens, auf meine Familie? Auf das Liebste und Intimste? Diese Vorstellung ist schrecklich. Aber sie hat mich nicht mehr losgelassen. Das war wie ein unausweichlicher Sog.
Wie nahe sind Sie an der Vorlage geblieben und wo haben Sie sich Freiheiten erlaubt?
Unsere Perspektive war die eines mitfühlenden Freundes. Wir wollten dicht an der originalen Erzählung von Antoine Leiris bleiben. Ihren Ablauf zu verändern, hätte sich unlauter angefühlt. Antoines Geschichte ist sehr poetisch, sehr fein und rührend. Wir mussten also äußerst behutsam mit ihr umgehen. Wir haben seinen Text da wo nötig in eine dramatische Form gebracht. Der Nebenstrang mit seiner Familie kam als fiktionales Element hinzu, um Antoines innere Transformation erlebbar zu machen.
Der islamistische Terror ist im Wortsinn vermintes Terrain. Was gilt es zu beachten, wenn man sich mit dem Thema filmisch auseinandersetzt?
Uns ging es darum, den Tätern nicht mehr Raum als nötig zuzugestehen. Antoines berühmter Brief an die Attentäter versagt sich gerade dem Impuls, Hass mit Hass zu begegnen. Es wäre also falsch gewesen, den Tätern innerhalb der Handlung eine Bühne zu geben, ihre Gewalt aus Spannungsgründen auszustellen. Das wäre gegenüber den Opfern und ihren Angehörigen geradezu ein Vergehen gewesen. Unser Film zeigt die Innensicht eines Menschen, dessen Frau ermordet wurde. Dies war für uns der einzig denkbare Ansatz, über den Anschlag auf das Bataclan zu erzählen.
Wie sind Sie beim Schreiben des Drehbuchs vorgegangen? Hatten Sie einen Austausch mit Antoine Leiris? Hat er Sie konkret unterstützt?
Ich habe Antoine nur zweimal gesehen. Beim ersten Mal ging es darum, sich kennenzulernen und Vertrauen zu gewinnen für eine mögliche Verfilmung. Die Rechte an seiner Geschichte waren weltweit begehrt. Aber Antoine war sich nicht sicher, ob er einer Verfilmung zustimmen wollte. Für mich war die Begegnung mit Antoine eine der emotionalsten Momente in meiner Arbeit als Regisseur. Weil ich wusste, dass wir hier nicht über irgendeinen Roman reden, sondern über Antoines Schicksal, das damals vor nicht einmal 24 Monaten seinen Lauf genommen hatte.
Nach dem Gespräch mit meiner Produzentin Janine Jackowski und mir hat Antoine einer Verfilmung zugestimmt. Er mochte unseren Ansatz und unsere Leidenschaft für seine Geschichte. Und er hielt es für eine gute Idee, dass wir den Film machen – also Deutsche, die nicht direkt am Epizentrum des Geschehens waren, sondern alles mit einer guten Distanz betrachten können.
Das zweite Treffen fand ein halbes Jahr später statt. Zusammen mit meinen Ko-Autoren Marc Blöbaum und Jan Braren befragte ich Antoine zu allen Details seiner Geschichte, um unsere Verfilmung so wahrhaftig wie möglich zu machen. Antoine hat uns alles erzählt, was ihm innerlich möglich war. Und er hat uns gesagt, dass es von nun an unsere eigene Geschichte ist. Er wollte also nicht länger an ihr mitarbeiten, sondern sie freigeben.
Wie sind Sie bei der Besetzung allgemein vorgegangen?
Die Familie von Hélène war kabylischer Herkunft. Das wollten wir unbedingt im Cast widerspiegeln, weil es viel zur nötigen Ambivalenz unseres Films beiträgt: Nicht eine weiße Französin ist hier bei diesem Anschlag gestorben, sondern eine Frau mit einem familiären Hintergrund, der fast sinnbildlich für das friedliche Miteinander der Kulturen und Religionen in Frankreich steht. Farida Rahouadj und Anne Azoulay spielen Mutter und Schwester von Hélène. Antoines Familie stammt im Kontrast dazu aus einem Örtchen nahe Paris. Im Film werden die Geschwister von den beiden belgischen Schauspielern Christelle Cornil und Thomas Mustin dargestellt. Neben Pierre Deladonchamps und Zoé Iorio war die Schlüsselbesetzung sicher Camélia Jordana, die Hélène mit all ihrer Wärme und ihrem Zauber verkörpert und eine große Bereicherung für unseren Film darstellt.
Weitere wichtige „Darsteller“ sind die Sozialen Medien, die Nachrichten und die Mobiltelefone. Welche Überlegungen haben Sie angestellt, um diese technischen Gegebenheiten mit der hoch emotionalen Story in Einklang zu bringen?
Bei unserer Recherche stießen wir darauf, dass Antoine schon wenige Tage nach den Anschlägen mehrfach im Fernsehen bei Interviews auftauchte. Das erschien uns anfangs eher befremdlich. Erst nach einiger Zeit begriffen wir, dass Antoine diese Auftritte halfen, um innerlich zu überleben.
Die Geschichte von „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ ist immer auch eine mediale. Antoine hat seine Antwort auf den Hass der Täter auf Facebook gepostet. Die öffentliche Anteilnahme war riesig. Sein Text wurde über 250.000 Mal weltweit geteilt. Das war für Antoine atemberaubend, sicher auch ein wenig unheimlich, vor allem aber war es tröstlich. Und so hat er seine Botschaft wieder und wieder medial verbreitet, vielleicht um sie am Leben zu halten – und mit ihr Hélène. Für eine Zeit mag ihn also der mediale Response über die tiefen Täler des Verlustes getragen haben. Doch irgendwann meldete sich eben die blanke Realität und forderte ultimative Konfrontation ein.
Eine Vielzahl von Produktionsfirmen und Sendern waren an der Produktion beteiligt. Hatte das Auswirkungen auf Ihre Arbeit oder ließ man Ihnen weitestgehend freie Hand?
Ich habe Produzenten und Sender oft viel mehr als Partner denn als Gegner erfahren. Das gilt insbesondere für die drei Produzenten dieses Films. Komplizen Film ist eine der führenden Produktionsfirmen Deutschlands mit etlichen nationalen und internationalen Erfolgen, vor allem aber einem großen Herz für das Kino. Mit Haut et Court in Frankreich und Frakas in Belgien hatten wir wertvolle Partner. Ein Film ohne sie – auf Französisch mit einem originär französischen und hochsensiblen Thema – wäre undenkbar gewesen. Aber auch mit dem NDR und ARTE verbindet mich seit „Homevideo“ eine jahrelange, sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Schematisch gedacht – wie haben Sie Ihren Film im Kopf gesehen?
Dies ist die Geschichte eines Mannes, der durch die Ermordung seiner Frau schwer getroffen wird und an seiner Verzweiflung und Hassgefühlen zu zerbrechen droht. Um zu überleben, muss er sich ganz auf die Liebe zu seinem Kind einlassen. Ein sehr intimes, seelisches Drama, das zwischen Leben und Tod, Himmel und Schattenwelten oszilliert.
Was sollen die Zuschauer aus dem Film mitnehmen?
Filme sind für mich emotionale, im besten Falle körperliche Erfahrungen. Was wir hier erfahren? Vielleicht, dass unsere Liebe zueinander schlussendlich doch stärker ist als der Hass in unserer Welt. Auch wenn die Kräfte des Hasses furchtbare Wunden schlagen können. „Mein Sohn und ich, wir sind stärker als alle Armeen der Welt“, schreibt Antoine in seinem Post. Das ist unsere Hoffnung. So fragil wie lebendig.u
Ganz großartig ist die Besetzung Zoé Iorios als Melvil. Wie haben Sie das Kind gefunden? Wie hat es seine Zeilen „memoriert“? Wie fielen Ihre Regieanweisungen aus?
Ein dreijähriges Kind in einer tragenden Rolle – das schien eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Wir haben in Frankreich, Deutschland, Belgien und der Schweiz nach einem passenden Kind gesucht. Nach einigen Runden stießen wir auf Zoé. Sie hat uns vom ersten Moment an schwer verzaubert. Sie ist ein unglaublich koordiniertes und intelligentes Kind. Sie kann Gedanken spielen. Da, wo andere Kinder beim Casting fröhlich durch den Raum stratzten und eben „nur“ handelten, machte sie innere Vorgänge erlebbar wie ein erwachsener Schauspieler. Die Entscheidung war keine wirkliche - Zoé war ein Glücksfall für uns.
Trotzdem blieb die Frage, ob Zoé im Drehprozess komplexere Handlungen spielen könnte. Sie konnte! – Und das war entscheidend auch ein Verdienst unserer Kinder-Coachin Nouma Bordj, die mit Zoé über Monate trainiert hat. Dabei ging es um spielerisches Erarbeiten von Zuständen wie Traurigkeit und Euphorie. Aber auch um das Koordinieren der physischen Handlungen. Sagen Sie einem dreijährigen Kind mal, es soll mit seinen Bauklötzen spielen, im richtigen Augenblick zur Tür schauen und dann „Maman“ sagen. Hinter solchen scheinbar einfachen Momenten steckt lange Arbeit - und manchmal auch viel Geduld des Teams. Vor allem aber bin ich Zoé und ihren Eltern dankbar, dass sie uns vertraut und den langen Proben- und Drehprozess mit uns gemeistert haben.
Über Jan Braren
Drehbuch
Jan Braren, geboren 1968, studierte Philosophie, Psychologie, Öffentliches Recht und Geschichte in Hamburg und Kiel. Nach dem Studium gründete er das Label „5D“, unter dem – oft mit Filmbezug – Kunst- und Medienprojekte entstehen.
Für sein Skript zum Fernsehfilm „Homevideo“ bekam Jan Braren neben vielen anderen Auszeichnungen den Grimme-Preis 2012. 2021 wurde er, zusammen mit Marc Blöbaum und Kilian Riedhof, mit der Goldenen Lola für das beste (da noch unverfilmte) Drehbuch zu „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ ausgezeichnet.
Aus seiner Feder stammen die Drehbücher zu mehreren „Tatort“- und „Polizeiruf 110“-Episoden, die Folge „Die Ermittler – Nur für den Dienstgebrauch“ des erfolgreichen Dreiteilers „Mitten in Deutschland: NSU“ sowie Gregor Schnitzlers TV-Historiendrama „Lotte am Bauhaus“.
Braren lebt als freier Autor und Texter in Hamburg.
Über Mark Blöbaum
Drehbuch
Marc Blöbaum, geboren 1970 in Bad Oeynhausen, studierte Theater, Film- und Fernsehwissenschaften an der FU Berlin, die er 1998 mit einem Magister abschloss.
Von 2000 bis 2002 war er Drehbuch-Student beim „Filmstudium“ der Universität Hamburg. Sein Abschlusskurzfilm „Die Katze von Altona“ (2002; Regie: Wolfgang Dinslage) gewann u. a. die Publikumspreise der Filmfestivals Potsdam und Taiwan. Seit 2002 arbeitet Marc Blöbaum als Drehbuchautor in Hamburg. Er schreibt Skripts für TV-Reihen und -Serien. Sein „Tatort: Wolfsstunde“ (2009; Regie: Kilian Riedhof) wurde beim Deutschen Fernsehkrimipreis in Wiesbaden mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.
Darüber hinaus arbeitet Marc Blöbaum als Scriptconsultant (u. a. „Der Fall Barschel“, 2015; Regie: Kilian Riedhof) und ist Dozent an der Reportageschule in Reutlingen.
Im Herbst 2013 startete sein erster Kinofilm „Sein Letztes Rennen“ mit Dieter Hallervorden, inszeniert von Kilian Riedhof. Mit letztgenanntem Regisseur sowie Jan Braren durfte er 2021 die Goldene Lola für das Beste (noch unverfilmte) Drehbuch zu „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ entgegennehmen. 2023 startete sein nächster Kinofilm „Stella. Ein Leben“.
Marc Blöbaum ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Über Stéphanie Kalfon
Drehbuch
Stéphanie Kalfon, 1979 in Paris geboren, arbeitet als Regisseurin, Drehbuchautorin und Schriftstellerin. Sie besitzt einen Master-Abschluss in Philosophie von der Pariser Sorbonne sowie das Hochschuldiplom DESS im Fach Regie der Universität Paris-Nanterre.
2007 gewann Kalfon das TV-Drehbuchautorenstipendium der Jean-Luc-Lagardère-Stiftung, im Jahr darauf wurde sie als Drehbuchautorin für die zweite Staffel der ARTE-Serie „Venus et Apollon“ verpflichtet. Außerdem nahm sie am Drehbuchworkshop der Pariser Filmhochschule La Femis teil.
Mit „Super Triste“ inszenierte die vielseitige begabte Frau nach eigenem Skript 2015 ihren ersten Kurzfilm mit Emma de Caunes in der Hauptrolle. 2017 erschien bei Joëlle Losfeld Editions ihr erster Roman „Les parapluies d’Erik Satie“. Als Drehbuchautorin von Kilian Riedhofs „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ gab Stéphanie Kalfon ihr Kinodebüt.
Über Antoine Leiris
Buchvorlage
Antoine Leiris, geboren 1981, war Journalist beim Radiosender France Info. 2014 kündigte er die Stelle, weil er sich auf das Schreiben eines Romans konzentrieren wollte.
Am 13. November 2015 wurde seine Frau im Konzertsaal Bataclan ermordet – statt des Romans entstand „Meinen Hass bekommt ihr nicht“, ein Buch über seine Trauer, ein Logbuch des Leidens und des Lebens – und ein Bestseller. Die ersten dreizehn Tage nach der Bluttat protokolliert er. Notiert: „Einige wütende Männer haben mit den Schüssen aus ihren automatischen Waffen ihr Urteil gesprochen. Für uns wird es lebenslänglich sein.“
2016 entsteht der Dokumentarfilm „You will not have my Hate“, bei dem Antoine Leiris das Mikrofon seinen Mitmenschen, Angehörigen von Opfern und Verwundeten des Anschlags im Bataclan, übergibt. Es ist ein Film über Trauer und die Kraft, die man manchmal daraus zieht, und zugleich auch Leiris Weg zurück in den Journalismus.
2017 adaptierte der Regisseur Benjamin Guillard Leiris’ Buch mit dem französischen Schauspieler Raphaël Personnaz für die Bühne. Das Stück wurde mit großem Erfolg u. a. am Théâtre du Rond-Point und am Théâtre de l'Œuvre aufgeführt.
Leiris erhielt für sein Werk den Prix littéraire des Rotary Clubs. Seit 2018 arbeitet er als Redenschreiber für die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo. Im November 2020 ist sein zweites Buch erschienen. Titel: „Danach, das Leben“. Hier beschäftigt er sich mit seinem Alltag nach der Katastrophe. Detailliert erfährt man von den Schwierigkeiten eines Vaters, der plötzlich in Fragen des Haushalts und der Erziehung auf sich allein gestellt ist und ständig mit dieser Überforderung zu kämpfen hat.
„Leiris Verweigerung des Hasses war das genaue Gegenstück zum kriegerischen Tenor, den die französischen Politiker anstimmten und der auch die Medien beherrschte, nämlich die alttestamentarische Kriegslogik von Auge um Auge, Zahn um Zahn. ‚Meinen Hass bekommt ihr nicht?‘, war das nicht die würdevollste und menschlichste Haltung, die man der Barbarei entgegenbringen konnte?“
Martina Meister in Die Welt (10.05.2016)
„Antoine Leiris hat ein Buch geschrieben, in dem es nicht um Hass geht und auch nicht um Politik. Es geht um einen Mann, der von einem Tag auf den anderen in eine Parallelwelt wechselt, in der es nur noch ihn und den Kummer gibt, und die stärksten Momente dieses schmalen, gerade einmal 140 Seiten langen Bandes sind die, wenn er durch die trüben, schlierigen Fenster dieser Welt zurück in den Alltag schaut.“
Podcast von Kolja Mensing auf Deutschlandfunk Kultur (26.05.2016)
Über Komplizen Film
Produktion
Komplizen Film ist eine der führenden unabhängigen Filmproduktionen Deutschlands und wurde 1999 von Janine Jackowski und Maren Ade während ihres Studiums an der HFF München gegründet. Seit 2010 ist auch Jonas Dornbach Produzent und Geschäftsführer von Komplizen Film. Ben von Dobeneck ist seit 2017 Geschäftsführer und ausführender Produzent.
Im Jahr 2019 wurden die Komplizen Serien gegründet, bei der sich David Keitsch exklusiv für die Entwicklung und Ausführung der Serien verantwortlich zeigt. Seit 2021 ist Komplizen Serien Teil der Allianz „The Creatives“ mit neun weiteren unabhängigen Produktionsfirmen, um gemeinsam an hochwertigen Drama-Serien zu arbeiten und international strategische Partnerschaften aufzubauen. Zusätzlich wird Komplizen Film seit 2023 von Janina Schafft als Geschäftsführerin vertreten.
Komplizen Film produziert zeitgenössische Filme und Serien, die ein Wagnis eingehen, ebenso wie lokale Inhalte für ein internationales Publikum. Sie arbeiten dafür mit Kreativen zusammen, die sich durch einzigartige Handschriften auszeichnen: „Wir glauben an den Aufbau langfristiger Beziehungen zu Drehbuchautor*innen, Regisseur*innen und unseren Partnern. Unsere Produktionen sind preisgekrönt, werden auf renommierten Festivals weltweit gezeigt und erreichen ein breites Publikum.“
Komplizen Film wurde 2019 mit dem Premio Raimondo Rezzonico - Best Producer Award des Locarno Film Festival, mit dem Preis der DEFA-Stiftung für herausragende Leistungen im deutschen Film 2015 und 2022 mit dem Bernd Eichinger Preis ausgezeichnet.
„Hier geht es um einen Angriff auf die europäischen Ideale, auf unser Freiheitsgefühl im Allgemeinen“
Statement von Produzentin Janine Jackowski zur Entstehung von „Meinen Hass bekommt ihr nicht“
Kilian Riedhof hat uns 2017 die Geschichte von Antoine Leiris erzählt und am nächsten Tag habe ich sein Buch „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ gelesen. Wie so viele Menschen war auch ich so berührt von seiner Schilderung, die ja weit mehr ist als ein Tatsachenbericht. Zum einen konnte ich als Mutter von zwei kleinen Kindern nachvollziehen, wie es wohl sein mag, wenn man in dieser Lebensphase seinen Partner verliert. Zum anderen hat es mich mit so viel Hoffnung erfüllt, wie Antoine mit seinem Schmerz umgegangen ist. Ich bin ihm so dankbar, dass er uns hat teilhaben lassen an allem, was ihm widerfahren ist.
Zunächst war ich mir nicht ganz sicher, ob es richtig ist, wenn diese Geschichte von einem deutschen Team verfilmt wird, schließlich haben sich die Anschläge vom 13. November 2015 tief ins französische Bewusstsein eingegraben. Auf der anderen Seite geht es hier um einen Angriff auf die europäischen Ideale, auf unser Freiheitsgefühl im Allgemeinen. Kilian hat einen Brief an Antoine geschrieben, parallel habe ich einen Brief an den Verlag verfasst und zu unserer Überraschung stellte sich heraus, dass die Verfilmungsrechte noch frei sind, dass Antoine uns persönlich treffen möchte - und dass er die Idee, seine Geschichte nicht von einem französischen Team verfilmen zu lassen, eigentlich sehr gut fand. Kilian hat dann gemeinsam mit Jan Braren, Marc Blöbaum und Stéphanie Kalfon das Drehbuch geschrieben.
Besonders glücklich waren wir, als wir die Besetzung des kleinen Melvil gefunden haben, weil das tatsächlich etwas war, was uns Kopfzerbrechen bereitet hat - werden wir einen kleinen Jungen finden, der so jung schon eine solche anspruchsvolle Rolle spielen kann? Schließlich wurden wir fündig: Zoé Iorio ist unser kleines Wunder, das uns jeden Tag aufs Neue zum Staunen gebracht hat.
Die Dreharbeiten fanden vor allem in Köln in einem Studio und Umgebung sowie in Paris statt. Corona hat die Dreharbeiten zu einem Abenteuer gemacht, wir haben in einem absolut menschenfreien Paris gedreht, das war schon speziell. Aber am Ende sind wir ohne große Beeinträchtigung durch den Dreh gekommen. Vor der Premiere in Locarno haben wir ein Screening in Paris für Antoine und seine Familie organisiert, sie wollten gerne alleine schauen. Wir waren natürlich sehr gespannt - wir haben am Ende nur positive Rückmeldung bekommen, was uns sehr stolz macht. Dieses Projekt war ein echtes Gemeinschaftsprojekt und wir sind sehr glücklich, dass wir Antoines Botschaft in die Welt tragen konnten.
Impressum
Herausgegeben von Presse und Kommunikation / Unternehmenskommunikation
Redaktion:
Iris Bents, NDR/Presse und Kommunikation
Mitarbeit
Nicola Sorgenfrey
Gestaltung:
Ralf Pleßmann, NDR/Presse und Kommunikation
Bildnachweis:
NDR/Leonore Müller/Manuel Dacosse/Komplizen Film
NDR/Thomas Leidig (Kilian Riedhof)
NDR/Gunter Clücklich (Jan Braren)
NDR/Frank P. Wartenberg (Marc Blöbaum)
NDR/Francesca Mantovani (Stéphanie Kalfon)
NDR/Sandrine Roudeix (Antoine Leiris)
NDR/Amelie Kahn-Ackermann (Janine Jackowski)
Fotos:
www.ard-foto.de
Presseservice:
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