Freddie Mercury

"Now I’m going into opera - forget Rock’n’roll!"

IMAGO / United Archives International

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Vor 30 Jahren starb Freddie Mercury. Als einer der ersten Rockmusiker reichte er der klassischen Musikszene die Hand. Wie blicken Weggefährten und Künstler, die er in ihrem Wirken inspiriert hat, auf sein Leben?

Legendärer Leadsänger, vielschichtiger Star

Freddie Mercury, am 5. September 1946 geboren, ist sehr früh auf sich allein angewiesen - mit acht Jahren schicken ihn seine Eltern auf ein Internat in Indien, weit weg von seinem Geburtsort Sansibar. Bereits hier erhält er den Spitznamen "Freddie".


Zusammen mit Brian May, Roger Taylor und John Deacon erschafft er ab 1970 eine der innovativsten und schillerndsten Rockbands aller Zeiten: Queen. Eine Band, die mit ihrer Produktivität, ihrem unverwechselbaren Sound, ihren mitreißenden Live-Auftritten und ihren vielseitigen Konzeptalben Musikgeschichte schreiben wird.


Als Freddie Mercury 1987 die spanische Sopranistin Montserrat Caballé trifft und mit ihr das Album "Barcelona" aufnimmt, ist dies das erste große Crossover-Projekt der Musikgeschichte. Dem außerordentlichen Willen zur Innovation beider Künstler ist es zu verdanken, dass es zu dieser Annäherung von sogenannter U- und E-Musik kommt, die Folgen haben sollte.


Doch zunächst einmal konnte niemand ahnen, dass dieser junge Pianist namens Farrokh Bulsara der Schulband "The Hectics" von der St. Peter’s School in Panchgani, circa 250 Kilometer vom heutigen Mumbai entfernt, später in riesigen Stadien vor 350.000 Menschen auftreten würde.

Das Geburtshaus Freddie Mercurys mitten in Stonetown, Sansibar - heute ein Museum © Lenore Lötsch

Das Geburtshaus Freddie Mercurys mitten in Stonetown, Sansibar - heute ein Museum © Lenore Lötsch

In dieser Straße wuchs Freddie Mercury auf. © Lenore Lötsch

In dieser Straße wuchs Freddie Mercury auf. © Lenore Lötsch

Das ehemalige Wohnhaus ist heute das "Freddie Mercury Museum". © Lenore Lötsch

Das ehemalige Wohnhaus ist heute das "Freddie Mercury Museum". © Lenore Lötsch

Das Mnazi Mmoja Hospital, in dem Mercury geboren wurde. © Lenore Lötsch

Das Mnazi Mmoja Hospital, in dem Mercury geboren wurde. © Lenore Lötsch

Von Farrokh Bulsara zu Freddie Mercury

Weggefährten erinnern sich

© IMAGO / Allstar

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Klaus Meine von den Scorpions: Meine Begegnung mit Freddie

30 Jahre nach Mercurys Tod erinnert sich Klaus Meine von den Scorpions an ihre Begegnung - an einem besonderen Ort, verbunden mit einem ganz besonderen Konzert.

Klaus Meine, Sänger der Band Scorpions, im Gespräch mit Eva Schramm.

Klaus Meine, Sänger der Band Scorpions, im Gespräch mit Eva Schramm.

picture alliance / Photoshot | -

Wie alles begann: "Ich werde eine Legende sein"

Es war keinesfalls so, dass zu Beginn von Freddie Mercurys Karriere jedem klar war: Das wird mal ein Superstar. 1964 zog Mercury mit seiner Familie nach England und studierte dort Grafikdesign. 1970 wurde er Sänger der Gruppe "Smile". In dieser Band spielten bereits ein Gitarrist namens Brian May und ein gewisser Roger Taylor als Schlagzeuger. Die Band benannte sich nach diesem Neuzugang auch direkt um: Man entschied sich für "Queen".

Der Grafiker Farrokh Bulsara, der das Logo der Band entworfen hatte, wurde zu Freddie Mercury. Und dieser war sich schon früh sicher, dass er ein Star werden würde: "Ich werde kein Sänger sein, sondern eine Legende!", sagte Mercury Anfang der 1970er-Jahre. Er sollte recht behalten. Diese durchaus selbstbewusste Selbsteinschätzung wurde wahr: durch seine außergewöhnlichen Performerqualitäten, seine soliden pianistischen Fähigkeiten, seine originellen Kompositionen - und natürlich seine unverwechselbare Stimme.

Daniel Kluge, Tenor an der Hamburgischen Staatsoper, über den Gesang und die Bühnenpräsenz Freddie Mercurys.

Daniel Kluge, Tenor an der Hamburgischen Staatsoper, über den Gesang und die Bühnenpräsenz Freddie Mercurys.

Freddie Mercury: Ein Autodidakt

Mercury war Autodidakt, was den Gesang betraf. Seine variable, vibratoreiche Rock-Tenorstimme, die viele Menschen bis heute in den Bann zieht, war etwas, das er sich allein erarbeitet hatte. Ob Rock'n'Roll, Disco, Funk, Gospel, Pop-Ballade, Hardrock, Musical - er konnte alles singen und er tat es auch. Mercury hatte nie eine Gesangsstunde und sein einziger Musikunterricht war der, den er im Internat in Indien bekommen hatte und die Klavierstunden dort. Auch was das Komponieren betraf, hatte er keine Lehrer. Er saugte vielmehr alle möglichen Einflüsse in sich auf, brachte spielerisch viele verschiedene Stilrichtungen in seine Songs ein, hörte querbeet alles, war neugierig und konnte sich für alles begeistern: für Barockmusik genauso wie für Jazz, für Punk, Oper und Ballett.

John Neumeier, Ballettdirektor und Chefchoreograf des Hamburg Ballett, Ballettintendant der Hamburger Staatsoper, über die Komplexität der Songs und Performances Mercurys.

John Neumeier, Ballettdirektor und Chefchoreograf des Hamburg Ballett, Ballettintendant der Hamburger Staatsoper, über die Komplexität der Songs und Performances Mercurys.

picture alliance/dpa | Werner Baum

Mercurys Liebe zu Klassik und Ballett

Seine Liebe zum Ballett zeigte sich auch in seinen Outfits. So trug Mercury in den 1970er-Jahren auf der Bühne gerne brustfreie Ballettanzüge und auch mal Ballettschuhe. 1979 trat der Sänger mit dem Royal Ballett bei einer Gala in London auf und sang kopfüber "Bohemian Rhapsody" - den Song, der zu seinem ureigenem Fingerabdruck werden sollte. In Zusammenarbeit mit den Tänzern entstand auch das Queen-Video "I Want To Break Free". Hier wurde eine Szene aus einer Debussy- Choreografie des legendären Tänzers Vaslav Nijinsky von 1912 neu interpretiert. Und auch in den 1980er-Jahren gab es immer wieder Balletteinflüsse in seinen Songs.

John Neumeier über Mercurys Neuinterpretation einer Debussy-Choreografie des legendären Tänzers Vaslav Nijinsky.

John Neumeier über Mercurys Neuinterpretation einer Debussy-Choreografie des legendären Tänzers Vaslav Nijinsky.

Freddie Mercury und Queen

Die musikalische Bandbreite von Queen und Leadsänger Freddie Mercury war enorm. Es ist kaum möglich, diese Band in eine Schublade zu stecken. Genauso wie sich Mercurys Stimme und seine Perfomerqualitäten seit den frühen 1970er-Jahren immer weiterentwickelten, sorgte auch Queen mit stilistischer Vielfalt und Brüchen immer wieder für Überraschungen.

Was machte die Band Queen so außergewöhnlich? Klaus Meine über die Bandgeschichte.

Was machte die Band Queen so außergewöhnlich? Klaus Meine über die Bandgeschichte.

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Ein schillerndes Paar: Freddie Mercury und Montserrat Caballé

Als Mercury 1987 mit Montserrat Caballé zusammentrifft, ist er bereits ein Star und auch kommerziell sehr erfolgreich. Dennoch geht für ihn ein Traum in Erfüllung, als die Opernsängerin mit ihm arbeiten möchte. Der Sänger hatte sie schon jahrelang angehimmelt, hatte ihr in Covent Garden zugehört, sie aus der Ferne bewundert und nun stand ein gemeinsames Projekt an - für Mercury gleichzeitig höchstes Glück und eine enorme Herausforderung:

Die Zusammenarbeit von Freddie Mercury und der spanischen Sopranistin erweist sich als außergewöhnlich. Und nicht nur das: Sie werden in einer persönlich herausfordernden Zeit für Mercury zu guten Freunden. Einen sichtbaren Beweis dieser Freundschaft gab es stets im Wohnbereich von Mercurys Zuhause "Garden Lodge" zu bewundern - dort hing ein originales Opernkostüm von Montserrat Caballé, das sie ihm geschenkt hatte.

Bei diesem für Mercury völlig neuen Projekt steht ihm der Komponist und Pianist Mike Moran zur Seite, der ebenfalls ein guter Freund werden sollte:

Picture-Alliance / Photoshot | -

Als Freddie Mercury Montserrat Caballé im März 1987 im Ritz-Hotel in Barcelona trifft, bringt er den Song "Exercises In Free Love" mit, den er kurz zuvor zusammen mit Mike Moran komponiert hat. Caballé ist so begeistert, dass sie dieses Lied drei Wochen später bei einem Liederabend in Covent Garden mit Mike Moran am Klavier singen wird. Zu diesem Song wird sie später zum ersten und einzigen Mal in ihrem Leben den Text schreiben - auf Spanisch. Die Songs für das gemeinsame "Barcelona"-Album schreibt Mercury jedoch zusammen mit Mike Moran. Dieser spielt auf diesem Album zudem Klavier und dirigiert die Live-Auftritte. Die drei werden enge Freunde.

© Mike Moran

Über den Tod hinaus

Es nicht klar, zu welchem Zeitpunkt Mercury von seiner HIV-Infektion erfährt. Am 23. November 1991 jedoch informiert der Sänger die Öffentlichkeit, dass er an AIDS erkrankt sei. Bereits am nächsten Tag stirbt er in seinem Haus im Londoner Stadtteil Kensington im Alter von 45 Jahren.

Am 20. April 1992 findet im Londoner Wembley-Stadion das Freddie Mercury Tribute Concert for AIDS Awareness statt, von den verbliebenen Mitgliedern Queens, Brian May, Roger Taylor und John Deacon, organisiert. Neben den Musikern von Queen treten eine Vielzahl von Gästen auf, darunter unter anderen David Bowie, George Michael, Lisa Stansfield, Elton John und Liza Minnelli.

© dpa/London Express

© dpa/London Express

Auch Klaus Meine von den Scorpions nahm am Tribute-Konzert für Freddie Mercury teil.

Auch Klaus Meine von den Scorpions nahm am Tribute-Konzert für Freddie Mercury teil.

Wie wirkt Mercurys Schaffen 30 Jahre nach seinem Tod in unsere Zeit hinein?

Die Band Queen ist immer noch unterwegs - auch mit Mercurys Songs. Bassist John Deacon hat die Band zwar verlassen, dafür ist mit Adam Lambert ein neuer Leadsänger in Mercurys Fußstapfen getreten.

Der Film "Bohemian Rhapsody", der die Geschichte Freddie Mercurys und Queens erzählt, bekommt 2019 vier Oscars und begeistert auch eine junge Generation für diesen kreativen und individuellen Künstler. Und auch die klassische Musikszene sieht sich nachhaltig beeinflusst:

Cornelius Meister, Dirigent, Pianist, Generalmusikdirektor an der Staatsoper Stuttgart, über den Einfluss Mercurys auf die klassische Musik.

Cornelius Meister, Dirigent, Pianist, Generalmusikdirektor an der Staatsoper Stuttgart, über den Einfluss Mercurys auf die klassische Musik.

IMAGO / United Archives

The show must go on

Freddie Mercury war ein echtes Original - voller Charisma, Durchhaltevermögen, Talent und Visionen. Sein künstlerischer Mut, seine Neugierde und Offenheit anderen Künsten gegenüber machten ihn zu einer Ausnahmeerscheinung. Am 24. November 1991 starb er in London. Sein Schaffen strahlt bis in die heutige Zeit hinein.

Mehr dazu in der Reihe "Welt der Musik" auf NDR Kultur



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© Nele Deutschmann

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