„Ich wollte eine Geschichte darüber schreiben, was diese Spätfolgen von Long Covid mit den Erkrankten und den Angehörigen machen“

Statement von Dinah Marte Golch, Autorin

In den letzten Jahren habe ich erfahren, wie viele Bekannte und Freunde jemanden kennen, der an Long Covid leidet. Das hat mich erschüttert. Ich habe dann angefangen zu recherchieren, und als ich in einer Fachzeitschrift davon las, dass in Deutschland jeder zehnte Genesene in verschiedenen Schweregraden durch Long Covid beeinträchtigt ist, wurde mir klar, dass diese Krankheit ein großes Thema in der Gesellschaft ist - auch wenn das kaum zum Thema gemacht wird. Deshalb wollte ich eine Geschichte darüber schreiben, was diese Spätfolgen mit den Erkrankten und den Angehörigen machen.

Mich reizen grundsätzlich Geschichten über Menschen und Themen, die uns alle in der ein oder anderen Form beschäftigen, die uns umtreiben und bei denen sich mir - und den Zuschauer*innen - die Frage stellt: Wie würde ich mich in der Situation verhalten? Da liefern die aktuellen Themen natürlich viel Zündstoff. Außerdem recherchiere ich sehr gerne, erfahre dadurch unglaublich viel Neues aus dem und über das Leben, und hoffe, dass es den Zuschauer*innen ebenso geht, während sie unseren Hauptfiguren durch eine spannende Geschichte folgen.

Markus Kolping leidet an Long Covid. Welche Folgen hat das für ihn, für die Familie?
Markus Kolping ist permanent erschöpft. Er ist physisch und psychisch ständig mit sich beschäftigt und nicht in der Lage, sich auf andere einzulassen. Das isoliert ihn mehr oder weniger zwangsläufig von seiner Familie.

Was hat Sie an der Rolle Markus Kolping gereizt? Was macht diesen Charakter interessant?
Markus war vor seiner Erkrankung sehr sportlich. Sport war sein Antrieb, sein Ausgleich. Er ist ein positiver, emphatischer Mensch. Was passiert, wenn durch eine Form von Long-Covid diese Eigenschaften wegfallen bzw. sich umkehren? Aus angetrieben wird antriebslos. Aus ausgeglichen unausgeglichen. Aus positiv negativ…?

Wie haben Sie die Dreharbeiten auf Usedom erlebt?
Es war für mich vor allem eine sehr körperliche Arbeit, die von einem professionellen Team sensibel begleitet wurde.

Emma wird gleich von mehreren Schicksalsschlägen getroffen: Erst erkrankt ihr Vater an Long-Covid, dann stirbt auch noch ihre Mutter und in der Schule wird sie gemobbt. Wie geht Emma als gerade erst 14-jährige damit um? Und was für eine Entwicklung macht sie im Verlauf des Films?
Emma ist emotional überfordert und zieht sich zunehmend in sich selbst zurück. Seit der Krankheit ihres Vaters wird sie in der Schule von ihren Mitschülern isoliert und gemobbt, während sie sich auch zu Hause immer weiter distanziert. Die Schuld, die sie sich für die Krankheit ihres Vaters gibt, und der plötzliche Tod ihrer Mutter belasten sie schwer. Doch sie „funktioniert“ trotzdem und nimmt Sachen in die Hand, die sonst keiner übernehmen würde, obwohl sie dafür eigentlich noch viel zu jung ist. Im Laufe der Geschichte erkennt Emma langsam, dass sie nicht alles kontrollieren oder verhindern kann. Sie beginnt, sich Karin Lossow anzuvertrauen, und öffnet sich Richtung Ende des Films immer mehr, indem sie lernt, dass sie sich auch auf andere verlassen kann.

Was hat Sie an der Figur Emma gereizt?
Mich hat die Vielschichtigkeit von Emma fasziniert. Einerseits ist sie ein Teenager, der mit typischen Problemen wie Mobbing und Selbstzweifeln kämpft, andererseits muss sie durch die Krankheit ihres Vaters und den Tod ihrer Mutter schneller erwachsen werden. Besonders bewegend fand ich, wie sie mit starken Emotionen wie Verlust und Schuld umgeht. Beeindruckt hat mich auch, wie sie im Laufe des Films lernt, wieder mehr ein Teenager zu sein, sich auf andere verlassen zu können und nicht immer die volle Verantwortung tragen zu müssen.

Emma fasst schnell Vertrauen in Karin Lossow. Wie kommt es dazu?
Emma erkennt in Karin jemanden, der ihre Situation versteht, ohne sie zu beurteilen. Karin bietet ihr die Unterstützung, die sie bei ihrem Vater aufgrund seiner Krankheit und bei ihrer verstorbenen Mutter nicht mehr findet. Karin schafft eine Vertrauensbasis: Sie nimmt Emma ernst, besonders ihre Trauer, ohne Druck auf sie auszuüben. Das schafft ein Gleichgewicht zwischen Nähe und Distanz, welches Emma den Raum erlaubt, sich in ihrem eigenen Tempo zu öffnen. Karin wird zu einer Art Ersatzmutter für Emma, die sich um sie kümmert.